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Thermofenster ist illegal - VW unterliegt vor dem EuGH

Veröffentlicht in Allgemein

Quelle: Gerichtshof der Europäischen UnionQuelle: Gerichtshof der Europäischen Union

Im fünften Jahr des Dieselskandals, der in Deutschland 2015 publik wurde, entscheiden die Gerichte immer genauer, unter welchen Voraussetzungen der Kunde Schadensersatz vom Hersteller fordern kann. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in diesem Zusammenhang am 17.12.2020 (Az. C-693/18) gegen die VW AG entschieden, dass die sog. “Thermofenster“ - Abschaltvorrichtung grundsätzlich nicht zulässig ist.

Diese nach Europarecht zulässigen Ausnahmen sind nach der Einschätzung des EuGH eng auszulegen. Keinesfalls dürften die Ausnahmen dazu führen, dass im Zulassungsverfahren systematisch die Leistung der Abgasreinigungssysteme verbessert wird, während im normalen Straßenbetrieb die Abgaswerte deutlich höher sind. Die Autoindustrie kommt durch die Entscheidung des EuGH vom 17.12.2020 noch stärker unter Druck.

Audi AG

Die Audi AG baut bis heute 3.0 Liter Diesel-Motoren, die in vielen Mittel- und Oberklasse-Baureihen eingesetzt werden. Audi hat diese Motoren für eigene Baureihen, aber auch für die Konzernmarke Porsche sowie VW Touareg und VW Phaeton geliefert.

Das Kraftfahrbundesamt (KBA) hat diese Modelle in mehreren Rückruf-Wellen 2017 bis 2019 verpflichtend zurückgerufen. Betroffen sind 3.0 Liter Diesel-Baureihen mit EU5 sowie mit EU6–Zulassung. Die Erfolgsaussichten von Schadensersatzklagen gegen die 3.0 Liter–Dieselmodelle des VW–Konzerns sind daher sehr gut. Allein in der zweiten Jahreshälfte 2020 haben sechs Oberlandesgerichte Kunden Schadensersatz zugesprochen, die ein Diesel–Fahrzeug mit Audi 3.0 Liter Motor gekauft oder geleast hatten.

VW AG

Auch die VW AG kommt mit ihren kleineren EA189–Dieselmotoren im Jahr 2021 nicht zur Ruhe. Der BGH hatte am 30. Juli 2020 noch versucht, den Kreis der anspruchsberechtigten VW–Kunden zu verkleinern. Der BGH stellte dabei zum einen auf die Verjährung ab und zum anderen darauf, dass die VW AG am 11.09.2015 eingeräumt hatte, in den EA189–Motoren getrickst zu haben.

In der Zwischenzeit hat das KBA am 14.09.2020 erstmalig eine VW–Baureihe zurückgerufen, bei der das “Software-Update“ bereits aufgespielt worden war. Auch das mit dem “Software–Update“ aufgespielte Update im VW EOS ist demnach eine illegale Abschalteinrichtung. Konsequent hat das OLG Köln mit Urteil vom 18.12.2020 - 20 U 288/19 gegen die VW AG festgestellt, dass der EA 189–Kunde auch dann einen Schadensersatzanspruch hat, wenn er seinen Wagen erst nach der VW–Pressemitteilug erworben hat. Die Pressemeldung der VW AG vom 11.09.2015 hat demnach die Arglosigkeit der VW-Kunden nicht beseitigt. Es gab keine “Zäsurwirkung“. Das OLG Köln geht davon aus, dass auch das EA189-Software-Update nicht zu einem gesetzeskonformen Zustand des Fahrzeugs führt. VW manipulierte mit dem “Update“ u.a. das "On Board Diagnosis-System" – “und setzte damit die Täuschung des KBA und der Kunden fort“, so das OLG Köln. Diese Sichtweise hat auch Auswirkungen auf die Verjährung. VW könnte sich nicht mehr auf eine Verjährung berufen, wenn die Kunden durch das EA189-“Update“ erneut getäuscht wurden.

EA189–Kunden können daher Schadensersatzansprüche nach wie vor geltend machen. Dementsprechend erteilen die Rechtsschutzversicherungen auch 2021 Deckungszusagen für die Klagen der EA189–Dieselkunden gegen die VW AG und ihre Marken Audi, Seat und Škoda. Der BGH wird sich voraussichtlich in zwei Entscheidungen im Februar 2021 mit den neuen Erkenntnissen über die Thermofenster-“Updates“ beschäftigen

Daimler AG

Das EuGH–Urteil vom 17.12.2020 trifft auch die Daimler AG. Dass die Daimler AG ebenfalls sog. “Thermofenster“ zur Verschleißreduzierung in ihren Diesel–Motoren verwendet, bestreitet der Hersteller nicht. In Deutschland sind mehrere tausend Verfahren gegen die Daimler AG vor den Oberlandesgerichten anhängig. Man wird sehen, wie die Oberlandesgerichte das EuGH–Urteil vom 17.12.2020 umsetzen. Eine Entscheidung des BGH zur Daimler AG im Dieselskandal steht noch aus. Der BGH hat eine solche Entscheidung für den 9. März 2021 angekündigt (Az. VI ZR 813/20).

Der Autor hat von 2018 bis heute für seine Firmenkunden und für Verbraucher über 100 Diesel–Verfahren abgeschlossen. Die erstrittenen Schadensersatz–Höhen für die Kunden liegen zwischen 2.000,00 – 15.000,00 Euro pro Fahrzeug, ohne dass die Kunden Rechtsverfolgungskosten tragen mussten. Weitere noch laufende Verfahren werden in 2021 vor Gericht verhandelt oder voraussichtlich durch Vergleiche gelöst.

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Unter Mitarbeit von Rechtsanwalt Pascal Fuest / Ralf Galow
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Quelle: Gerichtshof der Europäischen Union


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